
Das 14. Jahrhundert – die Zeit, in der meine Romane spielen – markiert eine Epoche, in der das Dunkel über Europa dichter wurde. Eine Epoche, in der Misstrauen und Angst erste Schatten auf das Leben warfen. Die Furcht vor dem Unsichtbaren, vor verborgener Gefahr, nahm ihren Anfang. Eine Phase begann, in der die Grausamkeit die Oberhand gewinnen sollte.
Die Hexenprozesse, wie wir sie heute kennen, standen erst am Anfang ihrer Entwicklung. Noch war das Bild einer Hexe nicht verfestigt, und die Verfolgungen waren nur sporadisch und lokal begrenzt. Doch die Saat war gesät, und die kommenden Jahrhunderte sollten diese Saat mit schrecklicher Wucht zum Blühen bringen.
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts begannen erste Anklagen wegen Hexerei zunehmend das gesellschaftliche Bewusstsein zu prägen. Die Menschen suchten nach Erklärungen für Seuchen, Missernten und Unglück. In dieser Unsicherheit wurden meist Frauen beschuldigt, sie hätten sich mit dunklen Mächten verbündet und den Fluch des Teufels über ihre Dörfer gebracht. Ein falsches Wort, eine verdächtige Tat, und schon galten sie als Hexe.
Die Reaktionen der Landesherren auf diese Vorwürfe waren keineswegs einheitlich. Manche betrachteten die Erzählungen als Aberglaube und blieben skeptisch gegenüber den zahllosen Berichten über Teufelswahn. Sie maßen dem wenig Bedeutung bei und versuchten, die Ruhe im Land zu bewahren. Andere hingegen folgten den strengen Ausführungen der Inquisitoren, die eine weltweite Bedrohung durch Hexen sahen und energisch deren Ausrottung forderten. Diese widersprüchlichen Haltungen spiegelten die Zerrissenheit einer Epoche wider, die zwischen mittelalterlichem Glauben und beginnender rationaler Weltanschauung schwankte.
Der Höhepunkt der Hexenverfolgungen lag allerdings noch in ferner Zukunft. Erst in der Folgezeit, besonders im 16. und 17. Jahrhundert, entlud sich die Angst vor der Hexerei in regelrechten Wellen von Prozessen. Allein im Deutschen Reich kam es zu mehr als dreißigtausend Hinrichtungen. Eine dunkle Epoche, deren Schatten bis heute nachwirkt.
Auszug der Gerichtsverhandlung aus Verbrennt die Hexe:
Ich frage Euch jetzt noch einmal im Rahmen der heute stattfindenden gütlichen Befragung: Habt Ihr die Kunst des Zauberns erlernt?«
»Was für ein Unsinn? Nein.«
»Könnt Ihr Gift mischen und Krankheiten anhexen?«
»Nein, das kann ich nicht.«
»Könnt Ihr auf einem Besen durch die Luft reiten?«
»Säße ich dann hier?«
»Antwortet mit ›Ja‹ oder ›Nein‹!«
Sie seufzte leise. »Nein.«
»Leugnet Ihr Christus?«
»Nein.«
»Habt Ihr Euch dem Teufel verschrieben?«
»Nein.«
»Habt Ihr durch seine Hand wundersame Heilung erfahren?«
»Nein.«
»Habt Ihr unsittlich mit ehrenwerten Männern verkehrt?«
»Nein.«
»Habt ihr in unsittlicher Weise mit dem Leibhaftigen verkehrt?«
»Nein, nein und nochmals nein!«
Ihre Lippen bebten. Mit weit aufgerissenen Augen zeigte sie mit ausgestrecktem Finger auf den Ankläger und warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
»Nichts von alledem ist wahr! Alle Vorwürfe entstammen dem kranken Kopf dieses Mannes, der noch dazu die Frechheit besitzt, in einem heiligen Gewand daherzukommen und sich einen Diener Gottes zu nennen.«